100 JAHRE NATIONALHYMNE 1922-2022

EINIGKEIT
UND RECHT
UND FREIHEIT

JOSEPH HAYDN

* 31. MÄRZ ODER 1. APRIL 1732 IN ROHRAU, ERZHERZOGTUM ÖSTERREICH; † 31. MAI 1809 IN WIEN

Die Werke des österreichischen Komponisten Franz Joseph Haydn zeichnen sich durch den besonderen Stil des früheren Hofmusikers aus.

Schon früh wurde seine musikalische Begabung entdeckt und gefördert. So wurde er im Stephansdom in Wien am Klavier, der Violine und im Gesang ausgebildet. Nach mehreren Zwischen- episoden wirkte Haydn als Kapellmeister bei der wohlhabenden Familie Esterházy. In der Abgeschiedenheit Ungarns war er unbeeinflusst von den Moden und auch den Verirrungen seiner Zeitgenossen und so in der Lage, original und originell zu bleiben. Anschließend ging er als selbständiger Musiker nach England, wo er große musikalische Erfolge feiern konnte.

Dennoch zog es ihn zurück in den deutschsprachigen Raum, wo er auch Ludwig van Beethoven kennenlernte und als Schüler akzeptierte.

Ein wesentlicher Grund für seine heutige besondere Relevanz war ein Auftragswerk des Kaiserhofes des Heiligen Römischen Reiches. Dazu vertonte er das Gedicht „Gott, erhalte Franz den Kaiser“. Dieses Werk sollte 1797 als „Kaiserhymne “ uraufgeführt werden und ist uns heute als Melodie der deutschen Nationalhymne wohlbekannt.

NOTENBLATT ZUR

NATIONALHYMNE

„KAISERLIED“, ENTSTANDEN 1796/1797 IN WIEN

Der Siegeszug der „Kaiserhymne“ war sowohl ein künstlerischer Erfolg für Haydn als auch ein politischer Erfolg für den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Franz II. von Habsburg-Lothringen.

Es war der 12. Februar 1797, an dem Kaiser Franz II. seinen neunundzwanzigsten Geburtstag feierte, ein Jubiläum, das in Wien mit einer besonderen musikalischen Überraschung begangen werden sollte.
In allen Theatern der Donaumetropole ließ Graf von Saurau aus Wien den Zuschauern einen Zettel überreichen, auf dem sich ein Lied Joseph Haydns befand, dessen Text der Dichter Haschka verfasst hatte.

Das kaiserliche Geburtstagskind selbst ließ den Festtag im Burgtheater ausklingen. Als der Monarch seine Loge betrat, erhob sich das Publikum und stimmte aus voller Kehle die Hymne auf dem Notenblatt an: „Gott erhalte Franz den Kaiser“. Von diesem Moment an war Joseph Haydns Melodie – im wahrsten Sinn des Wortes – in aller Munde. Das sollte bis heute so bleiben, wenn auch mit unterschiedlichen Inhalten.

HOFFMANN VON

FALLERSLEBEN

* 2. APRIL 1798 IN FALLERSLEBEN, KURFÜRSTENTUM BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG; † 19. JANUAR 1874 IN CORVEY

Der in Fallersleben geborene Dichter August Heinrich Hoffmann sollte jedem historisch interessierten Menschen ein Begriff sein. Nach einer Begegnung mit dem Märchensammler Jacob Grimm, der ihn fragte, ob ihm sein Vaterland nicht näher liege als die Antike, wechselte er sein Studienfach von der Theologie zur Germanistik.

Im Laufe seines Lebens engagierte er sich aufopferungsvoll für die Einigkeit und die Freiheit in einem demokratischen Deutschland. So trat er in verschiedene Burschenschaften ein und verlor nicht zuletzt wegen seiner liberalen Ansichten seine Professur an der Universität in Breslau.
Erst nach der Märzrevolution 1849 galt er wieder als rehabilitiert.

Sein bekanntester Beitrag zur deutschen Geschichte ist jedoch zweifelsohne das „Lied der Deutschen“, das er 1841 auf Helgoland schrieb. Häufig missverstanden besingt er darin die Einigkeit, das Recht und die Freiheit für das deutsche Vaterland.

Ein Vaterland, Deutschland, das über aller Kleinstaaterei, über aller Not und aller Unfreiheit steht.

DAS LIED DER

DEUTSCHEN

HANDSCHRIFT HOFFMAN VON FALLERSLEBENS

Hoffmann von Fallersleben verfasste im Jahre 1841 das „Lied der Deutschen“ als neuen Text auf die Melodie der bekannten und beliebten Kaiserhymne von 1797.

Die politische Aussage in seinem Text bestand in der Forderung nach den noch immer nicht erlangten sogenannten bürgerlichen Freiheiten sowie der Forderung zur Schaffung eines geeinten deutschen Vaterlandes. Hoffmann von Fallersleben war Deutscher Burschenschafter und so wurde sein Lied schnell von Studenten und freiheitlich gesinnten Bürgern begeistert gesungen.

Unter den Eindrücken der Rheinkrise rief er die Deutschen zur Einigkeit auf, auch wenn der Rhein selber im Lied nicht vorkommt. Die im Text genannten Gewässer dienen dabei grob der räumlichen Eingrenzung des damaligen deutschen Sprachraums. So gelingt es ihm, die Gesamtheit aller Deutschen ohne Rücksicht auf territoriale Befindlichkeiten zu umfassen.

„VORMÄRZ“ UND DIE

VERFOLGUNG

VON PATRIOTEN IM

DEUTSCHEN BUND

RESTAURATION UND FREIHEITSBESTREBUNGEN

Nach dem Ende der napoleonischen Ära trat 1816 der „Deutsche Bund“ als Staatenbund von 39 deutschen Staaten an die Stelle des 1806 untergegangenen alten „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“. Die deutschen Könige und Fürsten fühlten sich an ihre Zusagen in den Befreiungskriegen gegen Napoleon zur Demokratisierung und Parlamentarisierung ihrer Staaten nicht länger gebunden und setzten auf die Restauration souveräner Obrigkeitsstaaten im Stil vergangener Jahrhunderte.

Hiergegen erhob sich in allen deutschen Staaten heftiger Protest. Dieser wurde maßgeblich von jenen getragen, die sich in den Volksheeren im Kampf gegen die napoleonische Fremdherrschaft hervorgetan hatten.

Sie fühlten sich politisch um den Sieg betrogen, was überall in Deutschland zu politischer Gärung führte.

Die Rufe nach Pressefreiheit, nach der Schaffung echter Verfassungen mit parlamentarisch kontrollierbaren Regierungen und Haushalten sowie nach politischer Einheit zur Bildung eines deutschen Nationalstaates auf konstitutioneller Grundlage wurden unüberhörbar. Die studentische Jugend politisierte sich in diesem Sinne und organisierte sich an den deutschen Universitäten zur „Allgemeinen deutschen Burschenschaft“. Ihr schloss sich der Theologiestudent Heinrich Hoffmann, später nur Heinrich Hoffmann von Fallersleben genannt, der Dichter des „Liedes der Deutschen“, 1819 in Bonn an.

VON HAMBACH BIS

ZUR PAULSKIRCHE

REVOLUTION UND DEMOKRATIEBEWEGUNG

Die Volksaufstände und Revolutionen jenseits der Grenzen des Deutschen Bundes blieben in den deutschen Staaten nicht ohne Widerhall. Von Frankreich über Polen bis Griechenland erhoben sich die Völker gegen Unterdrückung und Fremdherrschaft. Zwischen 1820 und 1830 hatte die untrennbar mit der nationalstaatlichen Idee verbundene Demokratiebewegung geistig an Boden gewonnen und ergriff breite Kreise des Volkes.

Das sorgfältig als harmloses Volksfest getarnte Hambacher Fest von 1832 führte deutsche Patrioten auf der Burgruine Hambach in der Pfalz zusammen und geriet zur patriotischen Demonstration bereits unter den Farben Schwarz, Rot und Gold.
Obwohl die Obrigkeitsstaaten des Deutschen Bundes mit aller Härte reagierten, wurde klar, dass sich die Idee eines deutschen demokratischen Nationalstaats in der Mitte Europas auf die Dauer nicht unterdrücken lassen würde.

Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung, und damit der Widerstand gegen die absolute Fürstenherrschaft, in der Revolution von 1848. Diese gipfelte schließlich in der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche sowie der Verabschiedung der Reichsverfassung 1849. Sie gelten als Meilensteine der deutschen Demokratiebewegung und sind nicht zuletzt für das Grundgesetz wegweisend gewesen.

Auch wenn sich kämpferische Lieder mitunter größerer Beliebtheit erfreuten, so blieb das Lied der Deutschen stets ein fester Bestandteil des Liedguts der Demokratie- und Nationalstaatsbewegung und wurde immer wieder, vor allem auch bei bedeutsamen Anlässen, gerne und enthusiastisch angestimmt.

DAS DEUTSCHE

KAISERREICH

EIN NATIONALSTAAT FORMIERT SICH

Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 bildete sich zum ersten Mal in der Geschichte ein deutscher Nationalstaat, auch wenn unter anderen Vorzeichen als durch die Demokratie- und Nationalbewegung vorgesehen. Das Gleiche galt für die Reichsverfassung.
Eine Nationalhymne war in dieser, wie in den folgenden deutschen Verfassungen, nicht festgeschrieben.

Zu patriotischen Anlässen wurde gewöhnlich die als „Kaiserhymne“ bekannte Weise „Heil Dir im Siegerkranz“ intoniert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine leicht geänderte Version des „Preußischen Volksliedes“, welches auf die Melodie der englischen Hymne „God Save the King“ gesungen wurde.

Daneben wurden vor allem im inoffiziellen Rahmen zu verschiedenen Anlässen immer wieder patriotische Lieder gesungen, sind durch die Ereignisse des Jahrhunderts doch sehr viele, auch weit bekannte Texte entstanden.

Als 1890 Helgoland von Großbritannien an das Deutsche Reich abgetreten wurde, wurde das Lied der Deutschen gespielt, welches zum Ende des „zweiten Reiches“ immer weiter an Beliebtheit gewann. Ein Meilenstein auf dem Weg zur Nationalhymne. Es war eine Hymne des Volkes, im Gegensatz zur Herrscherhymne.

WEIMARER REPUBLIK UND

NATIONALSOZIALISMUS

FRIEDRICH EBERT MACHT DAS LIED DER DEUTSCHEN ZUR HYMNE

Im Jahr 1922 wurde das Lied der Deutschen dann offiziell zur Nationalhymne.

Der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert war es letztlich, welcher den Hoffmannschen Text mit der Haydnmelodie in diesen Rang erhob. Erst inoffiziell, am 11. August, dem Verfassungstag der Weimarer Republik, in einer Zeitungsveröffentlichung. Wenige Tage später, am 17. August, erfolgte die offizielle Festlegung im Rahmen einer Anordnung an die Reichswehr.

Durch die Wahl des populären Liedes der Deutschen sollte nicht nur der jungen Republik eine größere gesellschaftliche Anerkennung zuteil werden. Das klare Bekenntnis zu einem deutschen Nationalgefühl war auch Zeichen eines politischen Entgegenkommens gegenüber anderen politischen Strömungen – gegen den Widerstand aus der eigenen Partei.

Bereits wenige Jahre später sollte das Lied der Deutschen als Nationalhymne durch die Nationalsozialisten beschnitten werden. Es wurde nur noch die erste Strophe intoniert, meist gefolgt vom Horst-Wessel-Lied, der de facto Parteihymne der NSDAP.

EINE HYMNE FÜR

DIE JUNGE BRD

BRIEFWECHSEL ZWISCHEN ADENAUER UND HEUSS

1949 hat die Alliierte Hochkommission alle Verbote bezüglich des Liedes der Deutschen aufgehoben.

Während die schwarz-rot-goldene Flagge als Nationalsymbol festgelegt wurde, konnte man sich noch nicht auf eine nationale Hymne einigen. Dies führte teilweise zu kuriosen Auswüchsen. So wurden bei Staatsbesuchen des Bundeskanzlers Adenauer unter anderem Karnevalsklassiker wie „Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien“, oder „Heidewitzka, Herr Kapitän“ gespielt.

Hinter den Kulissen gab es ein Tauziehen zwischen Kanzler Adenauer und dem Bundespräsidenten Heuss, dem seiner Meinung nach das ungeschriebene Recht zustand, die Nationalhymne festzulegen. Heuss sah das Deutschlandlied als überkommenes Relikt der Naziherrschaft, Adenauer setzte sich dafür ein, den Deutschen ihr Lied endlich wiederzugeben.

Nachdem Heuss parlamentarisch mit dem Rücken zur Wand stand, beugte er sich dem Druck, verweigerte jedoch eine feierliche Proklamation.

Stattdessen ging Heuss einen ungewöhnlichen Weg und formulierte einen Briefwechsel, welcher sodann veröffentlicht und auf diese Art eine Entscheidung herbeiführen sollte.

In seinem Teil des Briefwechsels gab Heuss zu, „den Traditionalismus und sein Beharrungsbedürfnis unterschätzt“ zu haben. Mit einigen Änderungen ist der vorgeschlagene „Briefwechsel“ sodann im Bulletin des Bundespresseamtes veröffentlicht worden. Damit wurde das Lied der Deutschen, mit Hervorhebung der dritten Strophe, die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland.

AUFERSTANDEN

AUS RUINEN

EINE NEUE HYMNE FÜR EIN „NEUES DEUTSCHLAND“ VON JOHANNES R. BECHER

Bis 1990 war das Lied „Auferstanden aus Ruinen“ die Hymne der Deutschen Demokratischen Republik.
Im Jahre 1946 von Johannes R. Becher und Hanns Eisler ursprünglich als neue Hymne für ein geeintes Deutschland geschrieben, verlor sie in den 60er Jahren, zusammen mit der DDR selbst, ihren gesamtdeutschen Anspruch.

Nach und nach wurde der Text von der politischen Führung aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verdrängt.

Die Zeile „laß uns dir zum Guten dienen, Deutschland, einig Vaterland“ stand zu dem Zeitpunkt schon im Widerspruch zur mittlerweile ablehnenden Haltung der DDR zur Wiedervereinigung.
Erst nach der erfolgreichen friedlichen Revolution erhielt die Hymne auch in den Übertragungen der Rundfunkanstalten ihren Text zurück.

Weil große Teile des Werkes dem Versmaß des Deutschlandliedes, der Nationalhymne der Bundesrepublik, folgten, gab es im Rahmen der Wiedervereinigung Bestrebungen, auch die Hymnen beider deutscher Staaten zu vereinigen.

MAUERFALL UND

WIEDERVEREINIGUNG

EIN DEUTSCHLAND, EINE NATIONALHYMNE

Nach der Wende gab es Bestrebungen, als eine neue, gesamtdeutsche Nationalhymne, die Kinderhymne Brechts zu verankern.
Lothar de Maizière hingegen schlug vor, die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur Melodie von „Auferstanden aus Ruinen“, der DDR-Nationalhymne, zu singen.

In dieser Gemengelage stellte das Bundesverfassungsgericht auch fest, dass dem Briefwechsel Heuss mit Adenauer nicht zu entnehmen sei, dass die Nationalhymne lediglich aus der dritten Strophe bestehen solle.
Erneut wurde der ungewöhnliche Weg des Briefwechsels beschritten, um die inzwischen verworrene Frage der Nationalhymne zu entscheiden.

Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker schrieb im August 1991 dem Bundeskanzler Helmut Kohl, dass die dritte Strophe des 150 Jahre alten Fallersleben-Liedes von nun an Hymne des vereinten Deutschlands sein soll.
Helmut Kohl stimmte dem Ansinnen zu und so bekamen, mit Veröffentlichung des Briefwechsels im Bulletin des Bundespresseamtes, wieder alle Deutschen eine gemeinsame Hymne.

DER WEG ZUR

NATIONALHYMNE

VATERLÄNDISCHE LIEDER UND FÜRSTENHYMNEN

Im Gegensatz zu anderen Nationen und Staaten haben „die Deutschen“ erst recht spät eine Nationalhymne für das ganze Volk erhalten. Dies ist vor allem auch der Tatsache geschuldet, dass der deutsche Nationalstaat an sich erst vergleichsweise spät entstanden ist.
Die einzelnen deutschen (Klein-) Staaten hatten derweil durchaus eigene Hymnen, vor allem in Form von Lobliedern auf den Herrscher. Selbst die Haydnmelodie fällt dabei anfangs eher in diese Kategorie, als in die einer Hymne für alle Deutschen.

Als regionales Beispiel können wir die Hymne des Fürstentums Anhalt hernehmen. Bei „Heil unserm Herzog, Heil!“, gesungen auf die Weise von „God save the King“, erkennen wir klar das Muster üblicher Fürstenhymnen der damaligen Zeit.

Im Unterschied dazu gab es eine Vielzahl vaterländischer Gesänge, die im Zuge des aufkommenden Freiheits- und Nationalbewusstseins zum einen als auch unter den Eindrücken der Fremdherrschaft zum anderen immer populärer wurden.

Forderungen nach Einheit, Identifikation und Freiheit auf der einen Seite sind dafür ebenso prägend wie der Ruf nach Trotz und Widerstand gegen innere als auch äußere Gegner. Die beiden Werke Ernst Moritz Arndts „Was ist des deutschen Vaterland“ und „Der Gott der Eisen wachsen ließ“ sind wohl mit die eindrücklichsten Vertreter.

Gerade unter Studenten und Revolutionären bekam solches Liedgut nicht selten einen fast hymnenhaften Charakter.

ANDERE LÄNDER,

ANDERE HYMNEN

KÖNIG ODER REVOLUTION? – WIE DER CHARAKTER
DER VÖLKER IHRE HYMNEN PRÄGT

Nationalhymnen dienen der Identifikation der Menschen mit dem eigenen Heimatland und dem eigenen Volke.
Sie sind der äußere Ausdruck eines Gefühls der Zusammengehörigkeit und in gewissen Maßen auch eines ähnlichen Wertekanons, dem Willen und der Erkenntnis, der gleichen Schicksalsgemeinschaft anzugehören.

Diese Grundaussage ist jeder Nationalhymne inhärent, wenngleich Aufhänger oder Bekenntnisschwerpunkt variieren können, manche Aspekte je nach historischem Kontext auch gänzlich fehlen können. Sie muss geeignet sein, ein Dach zu bilden, unter dem sich Menschen mit unterschiedlicher Weltanschauung dennoch zusammenfinden können. Solche Identifikationsschwerpunkte lassen sich anhand von Beispielen recht gut aufzeigen.

Die Nationalhymne der Briten ist bis heute eine Herrscherhymne. Mit „God Save the King” steht ganz klar der Monarch im Vordergrund. Die Monarchie ist elementarer Bestandteil des britischen Selbstverständnisses und Symbol britischer Geschichte, Tradition und Kontinuität.

Die Franzosen haben mit der Marseillaise ein Revolutionslied zur Hymne erkoren. Als zentraler Gründungsmythos, der das französische Selbstverständnis bis heute prägt, ist die Französische Revolution, und eine Hymne aus eben dieser Zeit, fester Ankerpunkt der Identifikation, auch trotz oder gerade wegen der deutlichen Wortwahl der Marseillaise.

Das Lied der Deutschen geht dabei einen eigenen Weg. Es stellt zwar sowohl gesellschaftliche Forderungen auf, ist aber weniger kämpferisch. Es stellt Werte und Traditionen dar, bindet diese aber an das Volk, nicht an einen Monarchen. Die Deutschen sollen und wollen sich unter den Fahnen der Einheit, der Freiheit und des Rechtes sammeln, nicht unter denen einen Königs oder der Revolution.

EINIGKEIT UND RECHT

UND FREIHEIT

100 JAHRE NATIONALHYMNE

Am 10.08.2022 jährte sich zum einhundertsten Mal der Tag, an dem das Lied der Deutschen zur Hymne unseres Nationalstaates bestimmt wurde. Dabei sind 100 Jahre nur ein Teil sowohl der Geschichte der deutschen Nation als auch der Geschichte des Liedes selbst.
Und dennoch ist dieser Tag geeignet, als bedeutendes Jubiläum Beachtung zu finden. Denn mit der Bestimmung des Liedes der Deutschen zur Hymne des Deutschen Reiches in der Weimarer Zeit, noch dazu durch den Sozialdemokraten Ebert, wird eine Idee von Deutschland institutionalisiert, die über die Grenzen von Kleinstaaten, von Ständen oder Parteien weit hinaus geht. Eine Idee von Geschlossenheit. Eine Idee von Freiheit. Eine Idee von Recht. Aber auch das Bewusstsein einer eigenen Identität und Kultur. Einer Idee, die klar feststellt, dass Deutschland weit mehr ist als nur die Summe seiner Teile.

Unsere Erinnerungskultur lebt davon, in Anbetracht der Geschichte unser Handeln für die Zukunft zu hinterfragen und an den Lektionen auszurichten, welche uns die Vergangenheit erteilt hat.

Dabei ist es unerheblich, ob es sich um dunkle Jahre handelt, oder goldene. Wichtig ist, die richtigen Lehren zu ziehen.

Heute, über 150 Jahre nach der Gründung des ersten deutschen Nationalstaates und 100 Jahre nachdem ein Lied, welches wie kein zweites für die Einheit Deutschlands steht, zur Hymne erhoben wurde, müssen wir uns fragen: Was ist geblieben?

Diese Frage müssen Sie sich selbst beantworten. Verinnerlichen Sie sich den Text Hoffmanns und ziehen Sie die notwendigen Schlüsse!
Noch heute ist die dritte Strophe des Liedes der Deutschen mit der Haydn-Melodie die Nationalhymne der Bundesrepublik. Allein dieser Umstand wäre Grund genug, das große Jubiläum zu feiern. Wir möchten darüber hinaus diesem Lied, welches unsere Nation seit einem Jahrhundert als Nationalhymne und vorher bereits in verschiedenen Kontexten begleitet hat, die notwendige Anerkennung zukommen lassen. Ebenso, ja noch mehr, der großartigen Idee, die dahintersteht.

Eröffnung der Ausstellung „100 Jahre Nationalhymne“ im Landtag von Sachsen-Anhalt

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